Interview mit Clemens Willenbrock

Clemens Willenbrock ist in der aktuellen Legislatur erstmals Mitglied der Bezirksversammlung. Er sitzt für uns im Hauptausschuss, Cityausschuss sowie im Stadtplanungsausschuss und ist stellvertretender Vorsitzender in der Bezirksversammlung.

Bevor du in die Bezirksversammlung gekommen bist, warst du politischer Geschäftsführer bei der Grünen Jugend in Hamburg. Was sind deines Erachtens die größten Gemeinsamkeiten und die größten Unterschiede zwischen diesen GRÜNEN Ebenen? Und was schätzt du an den beiden?

Als Gemeinsamkeit teilen wir die Leidenschaft und Begeisterung für GRÜNE Ziele, auch wenn die Ebene, auf der wir an diesen arbeiten, sich natürlich stark unterscheidet. Im Bezirk beschäftigen wir uns mit konkreten Problemen vor Ort und sind oft durch verschiedene Rahmenbedingungen eingeschränkt. Bei der GJ konnte man genau diese Rahmenbedingungen mal in Frage stellen und grundsätzlich diskutieren. Daneben war auch die Bildungsarbeit bei der GJ immer sehr wichtig, viele junge Leute, die voneinander und miteinander lernen und ihr Wissen, aber auch andere Kompetenzen aufbauen. Daher freut es mich, dass auch wir in der Fraktion mehr und mehr Angebote schaffen, um neuen Leuten den Einstieg zu erleichtern oder sich auch nach mehreren Jahren noch weiterbilden zu können.

2019 bist du für uns GRÜNE in die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte eingezogen und fungierst dort als stellvertretender Vorsitzender. Wir fragen uns, wie dieses Amt für dich war und ist?

Anfangs war die gesamte Arbeit in der Bezirksversammlung schon ganz schön viel Neues. Als Student hatte ich damals den Vorteil, dass ich meine Zeit relativ flexibel einteilen konnte und habe versucht, mich schnell in viele Themen einzuarbeiten. 
Die Rolle als stellvertretendes Vorsitzendes Mitglied war dabei nur eine von mehreren – und tatsächlich auch bis zum Beginn der Pandemie mit gar nicht so viel zusätzlicher Verantwortung verbunden. Mit dem Ausbruch der Pandemie hat sich das geändert, da wir als Bezirksversammlung auch schauen mussten, wie wir in einer solchen Zeit unsere Arbeit weiterführen können. Gerade in der Anfangszeit gab es einiges an Diskussionen und Themen, die geklärt werden mussten: Von Infektionsschutz und Sitzungsräumen bis hin zum Datenschutz beim Einsatz von Zoom waren das ganz schön vielfältige Themen.

Nach Meryem Çelikkols Tod 2021 hast du lange auch den Vorsitz übernommen – Wie hast du die Rolle in dieser Zeit wahrgenommen?

Meryems plötzliches Ableben hat uns zunächst alle erschüttert. Doch mit ihrem Tod entstand eine große Lücke, die kurzfristig geschlossen werden musste. Weil es in die Zeit fiel, in der Falko Droßmann nach Berlin in den Bundestag gegangen ist und wir einen neuen Bezirksamtsleiter gewählt haben, kam einiges an Arbeit dazu. Meryems Anwesenheit hat uns in dieser Zeit sehr gefehlt.

Ein Großteil der Arbeit des Vorsitz findet hinter den Kulissen statt, in der Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt, in der Beantwortung von Eingaben etc. Insgesamt dennoch eine sehr spannende Rolle, die mir ganz andere Einblicke ermöglicht hat.

Dein beruflicher Background liegt in der Transformation von Energiesystemen. Ein großes Thema, das uns GRÜNE sehr umtreibt. Welche Überschneidungspunkte zwischen deiner beruflichen und deiner politischen Arbeit gibt es?

Es ist natürlich schön, beruflich wie in der Freizeit an ähnlichen Themen zu arbeiten und auf so unterschiedlichen Ebenen zu erleben, wie viele Leute dabei engagiert sind. Auch hier sind die Ebenen ganz andere: Beruflich habe ich vor allem mit großen Stromnetzausbauprojekten zu tun, die mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen haben als die GRÜNEN Projekte, für die wir im Bezirk kämpfen. Und trotzdem kann man einiges übertragen. Insbesondere was die Bereitschaft für Veränderung angeht, die Geschwindigkeit, mit der sich Projekte bewegen, sobald sie auf die realen Rahmenbedingungen stoßen, oder die Schwierigkeiten, die man nicht vorhersehen kann, ähneln sich sehr. 

Lässt der Blick in beide Sphären dich eher positiv oder pessimistisch in die Zukunft blicken?

Für beide Bereiche gilt, langfristig und hartnäckig dran zu bleiben. Dann kann man sehen, dass es doch vorangeht, wenn auch manchmal nicht so schnell, wie man es sich wünschen würde. Das macht mich optimistisch, denn kleine Erfolge gibt es nämlich hier und da doch immer wieder.

Was wünscht du dir für die kommende Legislatur?

Ich glaube, zunächst wünschen wir uns alle ein möglichst gutes Wahlergebnis im Juni, um mit gestärktem Rücken in den nächsten fünf Jahren möglichst viel erreichen zu können. Wir haben viele gute Ideen und können es kaum erwarten, sie endlich in die Tat umzusetzen.

Und für dich persönlich?

Ganz persönlich wünsche ich mir auch, dass sich die Art und Weise, wie wir im Bezirk Politik machen, verändert. Das bedeutet insbesondere, mehr und bessere Möglichkeiten sich einzubringen und zu beteiligen – und zwar für alle Menschen. Aber auch, dass Menschen, die sich mit ihren Anliegen an uns wenden, ernst genommen werden und auf Augenhöhe mit ihnen gesprochen wird. Dasselbe gilt auch für unseren Umgang in der Bezirksversammlung miteinander. 

Oft hört man, dass Beteiligung zu teuer sei oder zu lange dauert. Ich glaube eher, dass es lange dauert und teuer wird, wenn wir an dem vorbeigehen, was die Menschen vor Ort tatsächlich brauchen und sich wünschen.