Wir begrüßen unser 500. Mitglied im Kreisverband Hamburg-Mitte 11. November 202024. Januar 2022 Auf der Vorstandssitzung im November war es so weit. Unter den neuen Mitgliedern, die wir auf dieser Sitzung aufgenommen haben, war auch die „Nr. 500“. Damit sind wir nicht nur der KV-Mitte, sondern liegen mit dieser Anzahl der Mitglieder auch im Mittelwert: Hamburg hat sieben Kreisverbände mit inzwischen etwas mehr etwas als 3.500 Mitgliedern – ein Zuwachs von knapp 120% (!) seit 2016. Die stellvertretende Vorsitzende Karin Heuer traf sich mit Andie Rothenhäusler zur Übergabe eines Blumenstraußes und zum Interview. Lieber Andie, kannst du dich mit ein paar Worte vorstellen? Hallo, ich heiße Andie, bin Technikhistoriker und schreibe aktuell eine Doktorarbeit über Technikakzeptanzdebatten in Westdeutschland in den 1980er Jahren. Vor kurzem habe ich meinen 37sten Geburtstag gefeiert mit meiner WG auf St. Pauli. Ins schöne Hamburg hat es mich 2019 verschlagen, davor habe ich für mehrere Jahre in Karlsruhe gewohnt. Was hat Dich bewogen bei den GRÜNEN einzutreten? Eines der wichtigsten politischen Themen ist für mich der Klimawandel – quasi die planetare Herausforderung Nummer Eins im 21. Jahrhundert. Wenn eine Lösung der Klimakrise nicht in den nächsten Jahren angegangen wird, wird dies enorme Folgen für Gesellschaften und Ökosysteme weltweit haben. Und für das Erreichen einer humanen Lösung sehe ich die Grünen am besten aufgestellt. Aber auch bei anderen Themen fühle ich mich durch meine neue Partei gut vertreten: Etwa bei den Themen LGBT und Geschlechtergerechtigkeit, beim konsequenten Einsatz gegen Rassismus und Antisemitismus und beim Engagement für Bürgerrechte und demokratische Teilhabe. Und was erwartest Du von der Partei Dir gegenüber? Wo/wie wünschst Du abgeholt zu werden? Ich finde es generell schon gut, mit meiner Parteimitgliedschaft einen (kleinen) Beitrag dafür leisten zu können, dass es eine starke grüne Partei gibt. Aber auch die lokalen Strukturen der Grünen finde ich wichtig, da hier meiner Meinung nach die gesellschaftliche Überzeugungsarbeit für grüne Ziele geschieht. Wichtig sind mir flache Hierarchien und ein reger Austausch zwischen Basis und Funktionsträger*innen. Hast Du Lust und Zeit, Dich zu engagieren – z.B. beim Wahlkampf 2021? Habe ich in der Tat – wobei ich eine Beteiligung beim Haustürwahlkampf davon abhängig machen würde, wie der Stand der Corona-Pandemie im Sommer und Herbst 2021 sein wird. Es wäre nett, wenn Du mit ein paar Worten das Thema Deiner Dissertation beschreiben und sagen könntest, in welchem Kontext die Grüne Partei darin vorkommt? Der entscheidende Begriff in meinem Projekt ist der der „Technikfeindlichkeit“, der zu Beginn der 2010er-Jahre in der Politik weit verbreitet war. In Baden-Württemberg hatten wir nicht nur Auseinandersetzungen um eine mögliche Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken, sondern auch um das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21. Mir fiel damals auf, dass es vergleichbare Debatten auch zu Beginn der 1980er Jahre gab, also ungefähr zu der Zeit, in der ein Einzug der Grünen in den Bundestag absehbar wurde. Und in meiner Dissertation beschäftige ich mich mit ebendiesen Debatten. Ich habe „Technikfeindlichkeit“ – oft in einem Atemzug genannt mit „Wissenschaftsfeindlichkeit“ – in Anführungszeichen gesetzt, weil der Konsens in der Forschung inzwischen dahin geht, dass es diese eigentlich nicht gibt: Die meisten Menschen haben ein komplexes – und verständlicherweise ambivalentes – Verständnis von den Licht- und Schattenseiten des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts. Das hindert Vertreter*innen in Politik und Medien nicht daran, immer wieder pauschale Vorwürfe der Technikfeindlichkeit zu erheben – üblicherweise gegenüber Bürgerinitiativen, Gewerkschaften oder den Grünen, die als „Bremser“ der technischen Entwicklung dargestellt werden. Und in den 1980er Jahren konnte mit solchen Vorwürfen ein enormer politischer Druck erzeugt werden, der die linke Hälfte des Parteienspektrums, von der SPD über die Gewerkschaften bis zu den Grünen, immer wieder dazu zwang, sich zu rechtfertigen und ein grundsätzliches Bekenntnis zur Industriegesellschaft abzulegen. Wenn wir Vorwürfe der Technikfeindlichkeit als eine Form des politischen Framings verstehen, dann waren sie lange Zeit ziemlich erfolgreich. Das erklärt, warum Kritik an technischen Großprojekten bis heute so schnell als „technikfeindlich“ abgetan wird. In den letzten Jahren zeigt sich aber eine interessante Entwicklung: Angesichts des überwältigenden wissenschaftlichen Konsens in Sachen Klimawandel beginnen Medien zunehmend, Parteien wie die AfD mit dem Attribut „wissenschaftsfeindlich“ zu belegen – also demselben Begriff, der in den 1980er Jahren noch den Grünen vorgeworfen wurde, wenn sie vor den negativen Folgen der Fossilwirtschaft warnten. Für mich ist das ein Anzeichen dafür, dass sich der politische Diskurs verschiebt und das Thema Ökologie immer mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommt. Vielen Dank! Das hört sich echt spannend an und ich hoffe, dass wir bald Gelegenheit haben werden, ausführlicher darüber zu reden. Vorerst wünschen wir Dir viel Erfolg mit dem Abschluss der Doktorarbeit und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Dir! Alles Gute!!