Interview mit dem BHFI: Hilfe für ukrainische Geflüchtete in Hamburg

Manfred Ossenbeck ist ehrenamtlich – und gerade fast rund um die Uhr – für das Bündnis Hamburger Flüchtlingsinitiativen (BHFI) aktiv. Das BHFI ist der Dachverband der über 90 Initiativen für Geflüchtete in Hamburg und vertritt diese gegenüber Öffentlichkeit, Politik und Verwaltung.

Wie ist die Situation der ukrainischen Geflüchteten in Hamburg? 

Die letzten Wochen waren von einem großen Andrang von Geflüchteten aus der Ukraine geprägt. In den ersten drei Wochen waren die Messehallen mit ungefähr 2.000 Menschen belegt. Doch die Stadt hat sich sehr angestrengt, schnell bessere Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Erfreulicherweise ist dieses Mal vieles deutlich besser gelaufen als 2015, alle Beteiligten haben viel gelernt! Mittlerweile konnte die Notunterkunft in den Messehallen sogar aufgelöst werden.

Am Anfang herrschte auch großes Chaos bei den Registrierungen. Nicht nur, weil an manchen Tagen mehr als 1.000 Menschen kamen, sondern auch, weil sowohl in Rahlstedt als auch in der Hammer Straße zunächst Desorganisation herrschte. Menschen mussten ab 4.00 morgens in der Kälte in langen Schlangen anstehen, um einen Termin zu bekommen. Mittlerweile läuft alles in geordneten Bahnen, doch die Stadt hat hier zunächst viel zu langsam reagiert. Die Zusammenarbeit der Stadt mit uns möchte ich aber auch loben. Auch wenn wir in den letzten Jahren viele Kämpfe kämpfen mussten, ist es sehr schön zu sehen, was gerade wie schnell möglich ist!

Was siehst du gerade als eure Hauptaufgabe?

Wir als Bündnis haben schon frühzeitig ab dem 25. Februar die Bevölkerung aufgerufen auch private Unterkünfte zur Verfügung zu stellen – und sind dann förmlich überrannt worden. Bis jetzt sind mit mehr als 700 Angeboten mit etwa 1.700 Plätzen wirklich sehr, sehr viele Angebote eingegangen! 

Uns ist wichtig, vor der Vermittlung intensiv mit den Anbieter*innen zu sprechen, um sicherzugehen, dass es sich um passende Unterkünfte mit einem eigenen Zimmer und nach Möglichkeit auch einem eigenen Bad handelt. Um missbräuchliche Angebote in jeder Hinsicht auszuschließen, verlangen wir für Unterkünfte für Kinder außerdem ein polizeiliches Führungszeugnis. Diese intensive Prüfung ist eine Besonderheit, die uns von anderen Vermittlungsplattformen unterscheidet. Anfragen von Unterkunftssuchenden nehmen wir bei unserem mobilen Stand in der Unterkunft Schmiedekoppel entgegen. 

Was habt ihr als Bündnis aus euren Erfahrungen der vergangenen Jahre gelernt? 

Zum Beispiel, dass es für die Menschen, die nach einer aufreibenden Flucht ankommen, zunächst wichtig ist, zur Ruhe zu kommen. Deshalb raten wir allen Anbieter*innen erst später Fragen zu stellen und mit Integrationsbemühungen zu beginnen. Trotz des guten Willens aller Beteiligten kann es bei privaten Unterbringungen natürlich zu Konflikten kommen. Durch strukturierte Informationen und Hinweise versuchen wir hier Vorsorge zu leisten. 

Zurzeit ist die Hilfsbereitschaft zur Unterstützung ukrainischer Geflüchteter unglaublich groß. Was tut ihr, um das Problem von „zwei Klassen“ von Geflüchteten zu umgehen? 

Wir sind in engem Kontakt mit dem Krisenstab der Stadt und auch dort gibt es auf allen Ebenen Aufmerksamkeit für dieses Thema. Uns ist es ganz wichtig, dass wir auch die anderen 30.000 Menschen, die noch immer in öffentlicher Unterbringung leben, nicht vergessen. Für uns ist es völlig unerheblich, wo die Menschen herkommen, denen wir eine Unterkunft vermitteln. Allerdings haben wir auch schon traurige Erfahrungen gemacht, bei denen Menschen ausschließlich wie sie es nannten „Ur-Ukrainier*innen“ aufnehmen wollten. Ganz überwiegend gibt es aber eine beeindruckend große Hilfsbereitschaft!

Wie gehen die Aktiven in der Flüchtlingshilfe damit um, dass jetzt wieder viel mehr Menschen in Hamburg ankommen? 

Da die Helfer*innenschaft der Flüchtlingsbewegung seit 2015 einen relativ hohen Altersdurchschnitt hatte, haben sich viele wegen der Corona-Pandemie zurückgezogen. Auf unseren Aufruf, der sich eigentlich auf die Suche nach Wohnraum und Patenschaften bezog, haben sich auch sehr viele jüngere Menschen gemeldet, die vorher noch nicht aktiv waren. Allein 45 Menschen unterstützen uns jetzt bei der Vermittlung und über 100 Menschen haben sich für bereits für Übersetzungen gemeldet. Neben dieser Neuaktivierung berichten einige Initiativen auch von einer Reaktivierung ehemals Aktiver.

Welche Hilfe wird aktuell am dringendsten gebraucht? 

Auf der Internetseite von Hanseatic Help kannst du dich danach erkundigen, welche Sachspenden aktuell gebraucht werden. Auch Geldspenden werden immer benötigt und damit kann man auch am meisten bewirken, da sie schnell und flexibel eingesetzt werden können! 

Menschen, die eine Patenschaft übernehmen möchten, können sich hier auf der Webseite der BürgerStiftung informieren. Und wer sich in seinem Stadtteil direkt vor Ort in einer Initiative engagieren möchte, kann an ukrainehelfen@bhfi.de schreiben, um weitervermittelt zu werden.


Das Interview führte Johanna Hansen von den GRÜNEN Hamburg-Mitte.

Mehr Informationen über das Bündnis Hamburger Flüchtlingsinitiativen (BHFI) findet ihr hier.