Interview mit der Fraktionsgeschäftsführung

Die Geschäftsführung der GRÜNEN Fraktion Mitte hat in dieser Legislaturperiode einige Wechsel erlebt. Seit Juni ’23 sind Jennifer Robinson Schuré und Uygar Özkul das Team des Fraktionsbüros. Hier erzählen uns die beiden davon, wie das so läuft.

Wie seid ihr dazu gekommen, für die GRÜNE Bezirksfraktion zu arbeiten? Was hat euch motiviert, euch bei uns zu bewerben?

Jennifer: Ich habe mich ganz klassisch auf die Stellenausschreibung beworben. Seit ich 2014 zurück nach Hamburg gezogen bin, habe ich regelmäßig den Mitte Newsletter gelesen. Als im Januar 2022 die Fraktionsassistenz ausgeschrieben war, habe ich mich nach ein paar Tagen Bedenkzeit beworben. Ohne zu tief in die Hintergründe einzusteigen – zu dem Zeitpunkt war ich seit fast 8 Jahren mit meiner Biergaststätte Alles Elbe selbständig und es war Zeit für eine Veränderung. Von dem Interviewprozess war ich total baff: Die erste persönliche Antwort kam noch am selben Tag und nach Interviews via Telefon und Zoom gab es ein persönliches Kennenlernen unter freiem Himmel im Garten von Sven Dahlgaard. Von diesen ersten Eindrücken war ich sehr angetan, weil ich den Eindruck hatte, dass neben der geforderten Kompetenz, Menschlichkeit und Teamgeist im Fokus standen. Das Gefühl, Teil eines richtig guten Teams zu werden, war gleich da. Anfang April vor zwei Jahren, damals noch mit Lorenz Fontheim als „Chef“ und Geschäftsführer, ging es dann los und ich bin nicht enttäuscht worden! Im Sommer ’23 ist Lorenz gen Süden geschippert und hat die Elbe gegen die Donau getauscht, und ich brauchte einen neuen Partner in Crime. Nach einer intensiven Interviewrunde mit einigen starken Kandidat*innen, konnten wir Uygar für die Stelle gewinnen. 

Uygar: Ja, ich habe nicht schlecht gestaunt, als Jennie mich letztes Frühjahr anrief und meinte: „Hey, hier bei den GRÜNEN ist eine Stelle ausgeschrieben, und wenn du dir vorstellen kannst, nochmal mit mir zusammenzuarbeiten, dann bewirb dich!“ Dazu muss man wissen, dass Jennie und ich uns aus ihrem Laden kennen, in dem ich 3,5 Jahre gearbeitet habe, unter anderem die gesamte spezielle Zeit der Pandemie. Schon seit Beginn meines Politikstudiums habe ich nebenbei als Assistenz der Rechtsabteilung bei Mieter helfen Mietern gearbeitet und hier über die Jahre vielfältige Einblicke in das politische Tagesgeschäft gesammelt. Als dann der Beschluss fiel, das Alles Elbe dichtzumachen, stand für mich fest, dass es das war mit meiner Zeit in der Gastro und ganz allgemein kam das Gefühl auf, etwas Neues machen zu wollen. Als Jennie mich auf die Ausschreibung aufmerksam machte, war das wie ein Wink mit dem Zaunpfahl: Ich habe fast mein gesamtes Leben zwischen Wilhelmsburg und der Sternschanze verbracht, Mitte ist mein Zuhause und es mich hat schon immer interessiert, was hier an lokalen Themen ansteht.

Welche Aufgaben haben euch überrascht und was habt ihr euch anders vorgestellt, bevor ihr euren Job bei uns begonnen habt?

Uygar: Die Trennung von administrativer und politischer Geschäftsführung hat mich überrascht. Wir halten hier den Laden organisatorisch am Laufen, aber inhaltlich bekommen wir Vieles eher am Rande mit, einfach, weil wir nicht in den Ausschüssen sitzen, wo die Dinge diskutiert und entschieden werden. Ab und an gibt es Ausnahmen, aber die stechen dann auch raus – unser Besuch im Bürgerhaus Wilhelmsburg war so ein Termin, bei dem wir mitten im Geschehen waren. 

Jennifer: Ja, das ist auch etwas, was mich überrascht hat. Sowie die Verantwortungsverteilung zwischen Bezirksebene und Bürgerschaft, die auch einigen Bürger*innen nicht bewusst ist. Toll fand ich von Anfang an, dass der Austausch mit dem Fraktionsvorstand und uns im Büro so vertrauensvoll und auf Augenhöhe abläuft und dass die Zusammenarbeit mit dem Bezirksamt unheimlich gut läuft. Mit Uygars Start im Juni ’23 haben wir das Fraktionsbüro neu aufgestellt und führen die Geschäfte seitdem als gleichberechtigtes Geschäftsführungs-Duo. Der Perspektivenwechsel von Assistenz auf GF war umfassender als gedacht – denn obwohl die Zusammenarbeit mit Lorenz sehr partnerschaftlich war, war er in letzter Instanz derjenige, der die Verantwortung trug. Jetzt teilen wir sie uns, was für uns beide ein gutes Modell ist. 

Ihr sitzt im Maschinenraum der Bezirksfraktion: Erzählt doch mal, worauf ihr achten müsst, um den Laden organisatorisch zusammenzuhalten?

Beide wie aus einem Mund: Planen, durchführen, protokollieren. (lachen)

Uygar: Ja, Termine im Auge behalten, zu begleiten und nachzubereiten sind mit die wichtigsten Aufgaben für uns, und zum Glück arbeiten wir da reibungslos zusammen, auch wenn das Stresslevel steigt. Wir sind da ein gut eingespieltes Team aus der Zeit in der Gastro, wo gern mal unvorhersehbare Dinge passieren und gelöst werden müssen. Konkret gibt es die Fraktionssitzungen, die Vorstandssitzungen, Tagesordnungen und Protokolle. Wir lösen Probleme mit dem Anspruch, dass die Fraktion und der Vorstand am besten erst hinterher merken, dass es auch schief gehen hätte können. “Maschinenraum” trifft es sehr gut: Wir behalten den Überblick, priorisieren und manchmal haben wir auch eine Filterfunktion und fangen Leute ein kleines bisschen wieder ein oder helfen ganz einfach bei technischen Herausforderungen. Dabei sind wir bei weitem nicht für alles verantwortlich – was gut ist. Wir sehen unsere Rolle so, dass die wichtigen Infos rechtzeitig bei den richtigen Personen sind, so dass sie ihr politisches Amt ausfüllen können. 

Jennifer: Manchmal sind wir das Extra-Ohr, so als eine Art Stille Post zwischen Fraktion und Vorstand. Wir horchen auf Stimmungen und mögliche Themen, die wir für Anträge oder unseren Newsletter relevant sein können und legen kleine Anker, um darauf zurückzukommen. Der Newsletter ist neben der von Uygar beschriebenen Orga-Arbeit der zweite Schwerpunkt unserer Arbeit – und bringt mir unheimlich viel Spaß. 

Uygar: Und alle sind froh, dass das so ist!

Wenn man für eine Partei oder Fraktion arbeitet, kann es passieren, dass man gelegentlich Positionen mit seiner Arbeit unterstützt, hinter denen man persönlich nicht vollständig steht: Wie geht ihr mit solchen Situationen um?

Uygar: Darauf kann ich nur eine theoretische Antwort geben, da es bisher so noch nicht vorgekommen ist. Aber wenn es dazu käme, würde das gelten, was die Fraktion vertritt. Ich bin in keinem politischen Amt, und Professionalität steht hier für mich – für uns, an erster Stelle. Zwei Dinge sind hierfür Voraussetzungen: Die GRÜNEN sind eine demokratische Partei und zum anderen werden in der Bezirksversammlung selten – hier muss ich ein bisschen vorsichtig sein: aus meiner Perspektive – kontroverse Positionen behandelt.

Jennifer: Dem kann ich mich anschließen! Bei einem Herzensthema, würde ich in den bilateralen Austausch hinter den Kulissen gehen, wenn ich innerlich an dem Punkt hängen bleiben würde. Und klar gibt es im politischen Geschehen Themen, bei denen ich eine andere Sicht auf die Dinge habe oder enttäuscht bin von Entscheidungen. Ich bin der Überzeugung, dass jede*r von uns solche Topics hat und deshalb ist es so eine spannende und wichtige Frage! Parteipolitik ist m.M. nicht Sammelbecken von Einzelmeinungen, sondern sich weiterentwickelnde Vereinbarungen auf gemeinsame Nenner – mit der Betonung auf Entwicklung, denn politische Veränderungen brauchen Zeit und sind von Mehrheiten abhängig. Es ist manchmal frustrierend, gehört aber dazu und heißt eben auch, dass nicht alle alles zu jedem Zeitpunkt mit Begeisterung mittragen. 

Was sagen eure Freund*innen dazu, dass ihr für die Grünen arbeitet?

Jennie und Uygar sehen sich an und sind sich offenbar einig: Unsere Eltern sind begeistert. 

Uygar: Aus meinem Umfeld habe ich verschiedene Reaktionen wahrgenommen. Von „ganz gefährliche Partei“ oder schmunzeln bis Freude über meinen Job scheint alles dabei zu sein. Ab und zu bekomme ich GRÜNEN-Bashing-Posts zur Belustigung zugeschickt, wenn sie schlecht genug für meinen Humor sind. Ich müsste sie eigentlich mal fragen, bei einigen kann ich es mir vorstellen, was sie denken, bei anderen wiederum nicht. Jennifer: Am Anfang musste ich relativ viel Erklärarbeit leisten, warum und wieso ich der Selbständigkeit und Gastro den Rücken kehre – etwas, wovon viele Leute träumen und was für Außenstehende einen starken Pullfaktor hat. Außer bei selbständigen Kolleg*innen – die beglückwünschten mich von Herzen. Freundeskreise sind ja ganz eigene Blasen und bei mir gab es meist positive und dazu ein paar verhaltene Reaktionen, die gar nicht weiter auf die Nachricht einstiegen und immer, immer wieder die Frage: Wirst du jetzt Bürgermeisterin?